Auch wenn ich den deutschen Immobilienmarkt im Wesentlichen für überhitzt halte, gibt es hier und da noch Perlen des „Betongolds“ zu finden. Im nachfolgenden Beitrag versuche ich den Ablauf des Immobilien-Erwerbs systematisch darzustellen.
Besichtigung
Zunächst gilt es eine mögliche Immobilie für die Kapitalanlage auf einem der Immobilienportale oder in einer Zeitung entdecken. Nachdem Du feststellst, dass die wesentlichen Parameter, wie Lage und Preis, halbwegs stimmen, ist eine Besichtigung zu vereinbaren. Handelt es sich um eine bereits fertiggestellte Immobilie, so sollte diese in der Regel vermietet sein. Für den aktuellen Mieter bedeutet ein Eigentümerwechsel immer Unruhe und Unsicherheit. Daher solltest Du im Rahmen der Besichtigung sehr freundlich zum Mieter sein und frühzeitig aufklären, dass keinerlei Eigenbedarfsanspruch besteht. Des Weiteren ist der aktuelle Mieter die beste Auskunftsquelle zu Mängeln, Schwächen oder Instandsetzungsbedarfen. Dagegen will der Makler verkaufen und wird die Dinge eher positiv darstellen. Wenn möglich, sollte man unauffällig versuchen herauszubekommen, ob die Mieter kurz- oder mittelfristige Umzugspläne haben (z. B. bei jüngeren Mieter mit Familiengründungsplänen). Ggf. erfährst Du auch, wie die Stimmung in der Hausgemeinschaft ist und wie sich die Eigentümer untereinander verstehen.
Bewertung
Sollte Dein Gefühl nach der Besichtigung immer noch gut sein, ist es an der Zeit sich genauer mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Immobilien-Erwerbs zu beschäftigen und zu ermitteln, ob der verlangte Kaufpreis angemessen ist. Die meisten notwendigen Daten erfährst Du aus einem vorliegendem Exposé, das man vom Makler oder Verwalter erhält. Die restlichen Punkte musst Du erfragen oder eben mit Annahmen arbeiten.
Im Ergebnis kann man näherungsweise beurteilen, wie der Kauf sich in den wesentlichen Fragestellungen darstellt:
- Steuerbelastung oder -entlastung
- Geldzuflüsse oder -abflüsse
- Risiko bei Leerstand
Für eine Bewertung benötigst Du mindestens die kursiv dargestellten Zahlen. Für die Ermittlung der Schuldzinsen pro Jahr nehmen wir die halbe Kreditsumme multipliziert mit dem Zinssatz (reicht für die Näherung). Für die restlichen Daten sind Hilfs- und Erfahrungswerte angesetzt.
Objektdaten | Erläuterung | Wert |
---|---|---|
Fläche | in Quadratmeter | 55 |
Kaufpreis | 60.000 € | |
Maklercourtage | aus Angebot | 3.570 € |
Grunderwerbssteuer | nach Bundesland | 3.300 € |
Notar | angesetzt mit 2 Prozent. | 1.200 € |
Sonstige Nebenkosten | Behörden etc., Ansatz 1 Prozent. | 600 € |
Finanzierungssumme | Nebenkosten werden nicht finanziert | 60.000 € |
Zins effektiv | Aktuell Internet oder von Bank | 2,80% |
Zinsbindung Jahre | 15 | |
Rate incl. Zinsen (Monat) | 403 € | |
Zinsanteil (Monat) | Hilfsansatz 50 % der Kreditsumme verzinst | 70 € |
Kaltmiete | 380 € | |
Nebenkosten Mieter | Hilfsweise 3 € pro qm | 165 € |
Hausgeld | Hilfsweise Nebenkosten + 20 € Verwaltung + 0,75 € je qm Instandhaltung | 226 € |
Abschreibung pro Monat | Kaufpreis + Nebenkosten auf 50 Jahre | 114 € |
Grundsteuer | vor Kauf unklar, Hilfswert 150 € | 150 € |
Summe Kosten pro Monat | Hausgeld, AfA, Zinsen, Grundsteuer | 423 € |
Summe Erlöse Monat | Miete und Nebenkosten | 545 € |
Ergebnis für Finanzamt | Rechnerisch aufs Jahr! | 1.462 € |
Tilung pro Monat | Rate abzgl. Zinsen | 333 € |
Abschreibung | Abschreibung fließt nicht ab! | 114 € |
Delta Zu-/Abfluss Monat | Cash vor Steuer (Monat) | -97 € |
Delta Zu-/Abfluss Jahr | Cash vor Steuer (Jahr) | -1.165 € |
Steuer | ||
Persönlicher Steuersatz | Steuerbescheid Vorjahr | 29 % |
Steuereffekt | Ergebnis Finanzamt +/- Steuersatz (hier Nachzahlung) | 424 € |
Ergebnis nach Steuern | Gewinn / Verlust ohne Tilgung | 1.038 € |
Cash | ||
Delta Zu-/Abfluss Monat | Monat | -132 € |
Delta Zu-/Abfluss Jahr | Jahr | -1.589 € |
Risiko im Falle von Leerstand | ||
Summe Kosten (Monat) | Hausgeld, Abschreibung, Zinser, Grund. steuer fallen weiter an | 423 € |
Summe Erlöse Monat | Keine Erlöse! | 0 € |
Ergebnis für Finanzamt | -423 € | |
Situation Leerstand (Monat) | Vor Steuer - müssten Sie durchhalten! | -556 € |
Steuereffekt | wieder mit 29 %, Zufluß erst im Folgejahr | 123 € |
Situation Leerstand (Monat) | Null Einnahmen, aber Steuer reduziert sich | -433 € |
Der Kaufpreis sollte bei maximal um die 15 Jahreskaltmieten liegen. Oberhalb von 15 Jahreskaltmieten bewegt man sich meiner Meinung nach immer mehr in den Bereich der „Liebhaberei“. Beispiel: Der Kaufpreis einer Wohnung liegt bei 60.000 €. Mit sämtlichen Kaufnebenkosten (Makler, Notar, Grunderwerbsteuer usw.) liegt die Investition bei etwa 67.000 € – Makler errechnen in ihren Angeboten die Rendite meist bezogen auf den reinen Kaufpreis. Die aktuell vereinbarte Kaltmiete beträgt 380 € pro Monat. Die Investition liegt in diesem Beispiel bei 14,7 Jahreskaltmieten.
→ Siehe ausführlich auch unter Prognose Immobilienerwerb.
Kaufpreis verhandeln
Immobilien sind sehr emotional belegt. Womöglich gefällt Dir die betreffende Wohnung oder das Haus persönlich sehr gut und Du würdest sie / es gern besitzen? Dies muss man beim Kauf einer Anlageimmobilie versuchen, auszuschalten. Oberste Prämisse ist die Wirtschaftlichkeit. Arbeite kühl auf den Zielpreis hin. Es ist ausschließlich ein „Geschäft“. Gelingt es nicht den Zielpreis näherungsweise zu erreichen, ist es keine gute Geldanlage. Dann sollte man abbrechen. Wenn Du diesen Ansatz verinnerlichst, wirst Du zu guten Verhandlungsergebnissen kommen.
Finanzierungsangebot(e)
Nun sind Objekt und Preis festgezurrt. Parallel zu den Verhandlungen oder unmittelbar nach Abschluss musst Du Dir, sofern notwendig, Gedanken über die Finanzierung machen. Anfragen sollte an höchstens zwei Banken geben, da zu viele Anfragen ggf. die Schufa-Einstufung verschlechtern. Man sollte auch nicht alle Kredite über seine Hausbank laufen lassen, da bei wirtschaftlichen Problemen, Auswirkungen auf alle Konten und Finanzierungen zu befürchten sind. Ich empfehle klare und klassische Hypothekendarlehen und keine unübersichtlichen Konstrukte mit Bausparverträgen oder Versicherungen. Diese verursachen zusätzliche Gebühren und sind in der aktuellen Zinssituation überflüssig. Nachdem den Finanzinstituten durch diverse Gerichtsurteile nahezu alle Gebühren untersagt wurden, sollten der Nominalzins und der effektive Jahreszins (also was der Kredit wirklich kostet) im Angebot nah beieinander liegen. Die Höhe der monatlichen Rate und die Höhe der Finanzierungssumme hängen von der persönlichen Situation ab. Da man die Schuldzinsen von der Steuer absetzen kann, ist es aus steuerlichen Gründen oft sinnvoll, möglichst den kompletten Kaufpreis zu finanzieren. Nachteil: Du erhältst nicht die niedrigen Zinsen aus den Werbeanzeigen, sondern zahlst bei einer Beleihung von über 60 Prozent des Kaufpreises etwas höhere Zinsen. Die monatliche Rate aus Zins und Tilgung, die sogenannte Annuität, versuche ich aus Liquiditätsgründen (Was ist bei Leerstand der Immobilie?) etwa 10 Prozent unterhalb der Kaltmiete auszutarieren. Als Letztes ist auf den Zeitraum achten, in dem keine Bereitstellungszinsen zu zahlen sind. Hier geht um den Zeitraum, in dem die Bank das Geld für Dich kostenlos „bereithält“, ohne dass Kosten entstehen. Bei einem Objekt, was bereits vorhanden und vermietet ist, reichen drei Monate aus. Ist das Objekt erst im Bau oder in einer grundhaften Sanierung, so ist der Fertigstellungs- und Besitzübergangzeitraum wahrscheinlich unsicher. Dann sollte der Zeitraum ohne Bereitstellungszinsen mindestens sechs Monate oder mehr betragen.
Notar
Beim Notarvertrag gilt es dann sicherzustellen, dass alles was vorab besprochen wurde, im Papier abgebildet wird. Keine Angst vor „dummen“ Verständnisfragen zu stellen; es geht um Dein Geld. Für die Ermittlung der Grunderwerbssteuer und die steuerliche Abschreibung ist es hilfreich, wenn die mit verkaufte Instandhaltungsrücklage explizit aufgeführt ist. Eine weiterer Punkt ist, dass der Termin des Besitzübergangs auf einen Monatsbeginn oder im Idealfall auf einen Jahresanfang festgelegt wird. Anderenfalls müssen Mieten, Hausgelder und Gebühren kompliziert mit dem Voreigentümer aufgeteilt werden.
Oft lassen sich Verkäufer, die weit entfernt wohnen, beim Notarvertrag durch den Makler vertreten. Der Makler ist dann Vertreter ohne Vollmacht. Der Kaufvertrag wird erst tatsächlich wirksam, wenn der Verkäufer bei seinem „Heimatnotar“ den Vertrag genehmigt. Hierbei besteht für diese Zeit das Risiko, dass der Vertrag evtl. nicht wirksam wird, der Käufer aber trotzdem die Notarkosten tragen muss (in der Praxis geringes Risiko).
Aus Gründen der Zeitersparnis solltest Du die Grundschuldbestellung für die Bank gleich im Anschluss an den Vertragstermin beim gleichen Notar durchführen. Vorher Makler und Verkäufer wegschicken ;-).
Abschluss der Finanzierung
Den Finanzierungsvertrag erst unterschreiben, wenn der notarielle Kaufvertrag wirksam ist. Bei Unterschrift am besten auch gleich das Auszahlungsformular für die spätere Auszahlung erstellen und unterschreiben. Dadurch muss man bei Eintritt nur noch die Mitteilung der Kaufpreisfälligkeit des Notars an seinen Bankberater senden und erspart sich einen weiteren Vor-Ort-Termin.
Hausverwaltung
Sofern Du eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus erworben hast, solltest Du jetzt Kontakt zu der Hausverwaltung aufnehmen. Die Unterlagen sollten vom Verkäufer vorliegen. Man tritt automatisch in den Verwaltungsvertrag der Eigentümergemeinschaft ein. Es ist die Zahlung des Hausgeldes und der Erhalt der Mietzahlung abzustimmen und ggf. in Lastschriften oder Daueraufträgen umzusetzen. Sofern Du die Verwaltung auch mit der Sondereigentumsverwaltung beauftragst (bedeutet die Hausverwaltung übernimmt die Direktabwicklung mit dem Mieter) ist ein separater Vertrag gegen Entgelt abzuschließen und hierfür ebenfalls die Zahlungsmodalitäten festzulegen.
Finale Schritte
Nun ist Dein aktiver Part beim Immobilien-Erweb abgeschlossenen. Im Wesentlichen erhält man nunmehr Vollzugsmeldungen vom Notar oder Grundbuchamt. Einzig nach der Mitteilung des Eintritts der Kaufpreisfälligkeit durch den Notar, muss die Zahlung an den Verkäufer direkt oder über die finanzierende Bank ausgelöst werden.
Mein Fazit: Der Beitrag stellt verkürzt meine Erfahrungen für die Abwicklung des Kaufes einer Anlage-Immobilie dar. Feedback und Ergänzungen nehme ich gern auf.
M&e Books
March 1, 2015
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Auch Sie konnen Erfolg haben als privater Wohnimmobilieninvestor und Ihrem Vermogen eine neue Perspektive geben und finanzielle Unabhangigkeit erlangen. Dieser Strategieratgeber setzt keine Vorkenntnisse voraus und ist auch fur Anfanger geeignet. Sie erfahren ganz konkret: Strategien zum Erwerb von Renditeimmobilien auch in angespannten Markten Strategien zur sicheren und rentablen Geldanlage in Wohnimmobilien Strategien zur Realisierung steuerfreier Verausserungsgewinne Strategien zur Hebelung der Eigenkapitalrendite durch Darlehensfinanzierungen Checklisten zur professionellen Prufung von Renditeimmobilien Wie man den Cash-Flow und Renditen mit dem im Lieferumfang enthaltenen Excel-Rechentool ermittelt Verstandliche Einfuhrungen ins Immobilien- und Darlehensrecht Der Autor Goldwein hat viele Jahre Erfahrung als kaufmannischer Projektleiter in der Immobilienbranche sowie als Unternehmensjurist und Banker. Daruber hinaus ist er selbst erfolgreicher Investor in Wohnimmobilien. Tauchen Sie ein in die Welt des privaten Immobilieninvestors und uberlassen Sie das Feld nicht langer den anderen!"