Deutschland sorgt für den Abschwung. Wie die Politik die Zukunft verspielt.

Seit der Finanzkrise 2008 / 2009 hat Deutschland wirtschaftlich zehn nahezu traumhafte Jahre hinter sich. Doch nun wird diese perfekte Welt mit minimaler Arbeitslosigkeit und finanziellem Wohlstand ohne Not zerstört.

1. Außenbild

Nach der Bundestagswahl 2017 gab es nervige und unglaubwürdige Koaltionsverhandlungen, die nach dem Jamaika-Versuch in einer Fortsetzung der ausgeschlossenen GroKo endeten. Ein absoluter Witz, der Deutschland sowohl nach innen als auch im Außenbild lächerlich gemacht hat. Leider hat auch Angela Merkel – die ich durchaus schätze – seit der letzten Wahl massiv an Profil verloren. Schade, dass sie in der letzten Legislaturperiode die Chance auf einen würdigen Abgang verpasst hat.

Noch verheerenden war der Streit zwischen CSU und CDU in den Flüchtlingsthemen. Jeder Drittklässler konnte der billigen Fang von Wählerstimmen erkennen, der durch die CSU betrieben wurde. Der Kernstreitpunkt dreht sich um 10 bis 15 Flüchtlinge am Tag! Schwach von Angela Merkel, dass sie sich auf das Niveau von Seehofer begeben hat und sich ernsthaft damit beschäftigt hat. Kollege Seehofer wird sowieso nach der Landtagswahl in Bayern geopfert werden.

In Summe haben diese beiden Themen Deutschland nach innen und außen an Ansehen verlieren lassen.

Noch schlimmer: Durch diese Sinnlosthemen bleibt keine Zeit sich mit Zukunftsthemen, wie Bildung, Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Klimaschutz und Digitalisierung zu beschäftigen. Wofür die Kraft noch reichte: Steuergeschenke und Mehrausgaben.

In der Außenpolitik ist ein Donald Trump definitiv schwer zu händeln. Leider behindert die aktuelle Schwäche Deutschlands aber auch die selbstbewußte Positionierung Europas als Gegengewicht zu den USA. China zieht derweil mit seinem marktwirtschaftlichen Sozialismus locker an uns vorbei.

2. Mehrausgaben

Ob Rente, Pflege oder Arbeitslosenversicherung – die Bundesregierung bürdet den Sozialkassen immer mehr Sonderlasten auf. Der angekündigten Ministeuerentlastung steht als Folge einer extrem kurzsichtigen Sozialpolitik in absehbarer Zeit ein deutlicher Anstieg der Abgabenbelastung gegenüber. Denn die Finanzreserven werden rasch dahinschmelzen

Die erneute Aufstockung der Rentenansprüche für kinderreiche Frauen, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, die sogenannte Mütterrente II, kostet künftig mehr als zehn Milliarden Euro kostet. Hinzu kommen Verbesserungen für krankheitsbedingte Frührentner. Eine „Niveausicherungsklausel“ soll bis 2025 ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent sicherstellen, bezogen auf einen Durchschnittslohn. Zudem werden Geringverdiener bei den Sozialabgaben ohne Einbußen beim Rentenanspruch entlastet. Wer weniger als 1.300 Euro im Monat verdient, soll bei den Rentenbeiträgen entlastet werden, ohne dafür später Einbußen bei den Altersbezügen hinnehmen zu müssen. Die staatliche Subventionierung kleiner Einkommen mag sinnvoll sein – aber sie ist mit Sicherheit nicht Aufgabe der anderen Beitragszahler. Durch die Pläne der großen Koalition entstehen der gesetzlichen Rentenversicherung Mehrausgaben und Mindereinnahmen bis 2025 in Höhe von fast 32 Milliarden Euro.

Mit Milliardenkosten wird beim Pflegestärkungsgesetz getrickst. Denn die von Gesundheitsminister Jens Spahn angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung der Kranken- und Altenpflege gehen voll zu lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Weil die Pflegekasse infolge der großzügigen Leistungsausweitungen in der vergangenen Legislaturperiode schon tief ins Minus gerutscht ist, holt sich der CDU-Politiker das Geld zur Finanzierung seines Sofortprogramms von den Krankenkassen, also von den Beitragszahlern.

150.000 Menschen sollen durch ein Sonderprogramm aus der Langzeitarbeitslosigkeit geholt werden. Dafür sollen vom Arbeitsministerium vier Milliarden Euro ausgegeben werden. Die neuen Stellen sollen fünf Jahre lang gefördert werden, wenn die Betroffenen mindestens seit sieben Jahren Hartz IV beziehen und in dieser Zeit nur kurz erwerbstätig waren.

Das Baukindergeld wird bis 2022 knapp 3,8 Milliarden Euro verschlingen – ohne nachhaltigen Entlastungseffekt für Immobilien-Erwerber. Viele Experten sind sich einig, dass das Baukindergeld lediglich die Immobilienpreise nach oben treiben wird.

Der sehr aktive Geldausgeber Spahn hat aktuell auch einen Entwurf zur Erhöhung der wöchentlichen Mindestsprechstundenzahl von derzeit 20 auf 25 für niedergelassene Ärzte vorgestellt. Zudem sollen bestimmte Arztgruppen fünf Stunden anbieten, für die die Versicherten keine Termine benötigen. Diese Leistung sollen die Ärzte zusätzlich zu ihrem bisherigen Budget bezahlt bekommen. Zusätzlich vergütet werden soll es nach Spahns Plänen auch, wenn ein Hausarzt seinem Patienten einen Facharzttermin vermittelt. Die Kosten des Vorhabens werden auf 600 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.

Nahezu unbemerkt schaffen Union und SPD 15.700 neue Stellen in der Bundesverwaltung – die Folgekosten belaufen sich auf 2,8 Milliarden Euro.

Klingt alles irgendwie sinnvoll. Aber: Nach jetzigem Stand bleiben Steuern und Sozialabgaben für uns alle auf unverändert hohem Niveau, obwohl die Steuereinnahmen auf von Rekord zu Rekord eilen. Mit etwas Glück entfällt der Solidaritätszuschlag in Höhe von etwa 9 Milliarden Euro. Während der Bundesetat zwischen 2018 und 2022 um 9,3 Prozent zulegen wird, steigt der Rentenzuschuss überproportional um 17 Prozent. Derzeit ist nur eine minimale Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge in der Diskussion. Die Sozial-Ausgabenquote steigt weiter: 2022 werden rund 52 Prozent aller Bundesausgaben für Sozialtransfers anfallen. Ausgabentreiber ist vor allem der Zuschuss an die Rentenkasse, der bald die 100-Milliarden-Euro-Marke überschreiten wird. Hinzu kommt, dass die Planung unterstellt, dass die hervorragende Wirtschaftslage noch auf Jahre anhält. Das ist recht naiv.

Gleichzeitig wird zu wenig Geld für die Finanzierung von Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder Digitalisierung investiert, was für die Zukunftsperspektiven nachfolgender Generationen essentiell ist, da.  Mehr Konsum, weniger Investitionen – dies ist das Motto der aktuellen Politik. Hier zeigen sich die Schwächen von Demokratie und Berufspolitikern. Geld ist da, also werden Wählerstimmen durch Geschenke gekauft, als gebe es kein morgen. Leider wird die Zukunft verschenkt, wenn in guten Zeiten nicht Schulden reduziert und Investitionen angeschoben werden. So wird der Abschwung organisiert. Schade, wie die hervorragend Ausgangslage verschenkt wird.

 

Mein Fazit: Deutschland ist derzeit ohne Not dabei, die aktuell hervorragende Ausgangslage durch schwaches Agieren zu verschenken. Sehr bedauerlich. Wesentliche Schwerpunkte wären für mich Investitionen in Bildung (Wissensarbeiter), Fit machen der Infrastruktur (analog und digital) sowie die Stärkung des europäischen Raums.

3 Replies to “Deutschland sorgt für den Abschwung. Wie die Politik die Zukunft verspielt.”

  1. „Es gibt Falle, in denen Investitionsentscheidungen vertagt wurden, da Unsicherheit besteht, wie sich die politischen Rahmenbedingungen weiter entwickeln“, sagt Anton Borner, Prasident des Au?enhandelsverbandes BGA.

  2. Was sind deine pers. Konsequenzen?
    Weniger arbeiten = weniger Abgaben?
    Wenn waehlst Du denn dann?
    Oder wo ist’s besser? wohin Wegziehen?

    1. Hallo Jörg,

      danke für deine Fragen, die alle sehr berechtigt sind.
      1. Ich mache ja viele Reisen. Mein Fazit: Deutschland ist eines der besten Länder zum Leben.
      2. Ich sehe keine Partei, die Antworten auf die Fragen der langfristigen Zukunft auch nur versucht zu finden.
      Grund: Kurzfristiges Denken von Wahl zu Wahl und Machtdrang von Berufspolitikern.
      3. Der aktuelle Weg führt m. E. sicher zu Inflation. Daher: Sachvermögen aufbauen und – sofern betriebswirtschaftlich sinnvoll – auch zum Niedrigzins per Kredit finanzieren.

      Grüße vom Anleger

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