Wie im Beitrag „Der Privatanleger verkauft“ beschrieben, habe ich einen Teil der 2019er Kursgewinne realisiert. Dabei wird ein erheblicher Teil der schönen Buchgewinne durch die Kapitalertragssteuer aufgefressen. Das tut weh. Diesen nicht zu unterschätzenden Ertragsfaktor möchte ich heute systematisch erläutern.
Was ist die Kapitalertragsteuer?
Die Kapitalertragsteuer ist in Deutschland Teil der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Seit 2009 besitzt die Steuer auch für Privatanleger bei bestimmten Einkünften abgeltende Wirkung – das bedeutet, dass diese Einkünfte nicht mehr extra in der Steuererklärung angegeben werden müssen, da die Steuern automatisch einbehalten werden. Die Kapitalertragsteuer wird deshalb auch als Abgeltungsteuer bezeichnet.
Die Steuer fällt z. B. auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne an. Der Steuersatz beträgt einheitlich 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die Banken behalten diese Steuer direkt ein.
Bestimmt gibt es Ausnahmen?
Ja, es gibt einzelne Ausnahmen. Kursgewinne aus dem Handel mit Gold etwa sind nach einem Jahr Haltefrist steuerfrei. Wird innerhalb dieser Frist verkauft, müssen die Gewinne im Rahmen der Steuererklärung deklariert und zum persönlichen Steuersatz versteuert werden. Der Fiskus räumt hier eine jährliche Freigrenze in Höhe von 600 EUR ein. Gewinne aus dem Handel mit Zertifikaten, ETCs, CFDs oder anderen Finanzinstrumenten aus Gold unterliegen dagegen der Abgeltungsteuer.
Kursgewinne aus Währungsgeschäften sind ebenfalls nach einem Jahr Haltefrist steuerfrei. Für Währungsgewinne, die mit Aktien oder anderen Finanzinstrumenten erzielt werden, gilt dies jedoch nicht. Diese Gewinne erhöhen den steuerpflichtigen Ertrag.
Verlustverrechnung
Verluste können mit Gewinnen verrechnet werden. Es gibt zwei Verlustverrechnungstöpfe. In einem Verlustverrechnungstopf werden zunächst Kursgewinne und Verluste aus dem Handel mit Aktien verrechnet. Im zweiten Verlustverrechnungstopf werden sonstige Gewinne und Verluste verrechnet. Dazu zählen etwa Zinsen und Dividenden als Erträge oder gezahlte Stückzinsen als Verluste bzw. negative Kapitalerträge.
Fallen im Handel mit Aktien Verluste an, können diese nur mit Veräußerungsgewinnen aus Aktien verrechnet werden. Gewinne aus dem Aktienhandel können dagegen auch mit sonstigen Verlusten verrechnet werden.
Freibeträge für die Kapitalertragsteuer
Im Einkommenssteuergesetz gibt es auch eine Betragsgrenze, unterhalb derer die Kapitalerträge von Privatpersonen keiner Besteuerung unterliegen. Diese beträgt für Einzelpersonen 801 Euro, für Ehepaare sowie Lebenspartnerschaften 1.602 Euro. Ehepaare können noch wählen, ob sie diesen Betrag gemeinsam mit gegenseitiger Aufrechnung bei Verlusten oder jeweils einzeln in Anspruch nehmen wollen.
Dieser Freibetrag muss mittels eines Freistellungsauftrags unter Angabe der Steueridentifikationsnummer beim jeweiligen Geldinstitut eingereicht werden, wobei die Summe der Freistellungsaufträge bei allen Banken den Sparerpauschbetrag insgesamt nicht übersteigen darf.
Berechnung der Kapitalertragsteuer
Der Steuersatz bei der Kapitalertragsteuer beträgt 25 Prozent. Zusätzlich fällt der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent der gezahlten Kapitalertragsteuer an. Besteht Kirchensteuerpflicht, muss Kirchensteuer abgeführt werden. Der Kirchensteuersatz beträgt abhängig vom Wohnort des Steuerpflichtigen entweder 8 oder 9 Prozent der Einkommensteuer.
Beispiel: Für einen Kapitalertrag in Höhe von 3.000 EUR kann kein Freibetrag mehr in Anspruch genommen werden: Besteht keine Kirchensteuerpflicht, beträgt die Kapitalertragsteuer 750 EUR. Der Solidaritätszuschlag beträgt 41,25 EUR, die Gesamtbelastung somit 791,25 EUR. Damit gibt man also von 100 EUR Gewinn fette 26,38 EUR ab.
Kapitalertragsteuer in der Steuererklärung.
Auch Kapitaleinkünfte sind Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuergesetzes und müssten in der Einkommensteuererklärung angegeben und in die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer eingerechnet werden. Dies war bis zur Einführung der Kapitalertragsteuer als Abgeltungsteuer im Jahr 2009 auch so. Seit der damaligen Einführung der Abgeltungsteuer ist eine Veranlagung nicht mehr erforderlich. Die Steuer hat „abgeltende“ Wirkung, eine Bemessung des Steuersatzes in Abhängigkeit des individuellen Einkommens erfolgt nicht.
Eine Veranlagung von Kapitalerträgen im Rahmen der Einkommensteuer ist jedoch unverändert möglich. Dies lohnt sich, wenn dein individueller Steuersatz unterhalb von 25 Prozent liegt.
Eine Veranlagung von Kapitalerträgen ist auch erforderlich, wenn Ertragsgutschriften auf ausländischen Konten und Depots erfolgt, im Inland aber Steuerpflicht besteht.
Der Grundfreibetrag gilt auch für Kapitalerträge. Da die Abgeltungssteuer eine Form der Einkommensteuer darstellt, gilt auch der Grundfreibetrag der Einkommensteuer. Übersteigen die Gesamteinkünfte eines Anlegers (Lohn, Renten, Kapitalerträge …) den Grundfreibetrag nicht, fällt keine Steuer an. Der Grundfreibetrag beläuft sich im Jahr 2019 auf 9.168 EUR. Auch wenn das persönliche Jahreseinkommen den Freibetrag nicht überschreitet, müssen Banken die Abgeltungsteuer einbehalten. Um die Steuer nicht verspätet und nur gegen Abgabe einer Steuererklärung zurückzuerhalten, kannst Du eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) beim Finanzamt beantragen.
Der Zeitpunkt
Den Freibetrag in Höhe von 801 bzw. 1.602 EUR gibt es jedes Jahr neu. Gegebenenfalls solltest Du Gewinne zum steuerlich sinnvolleren Termin realisieren.
Mein Fazit: Bei allen theoretischen Buchgewinnen Deines Depots solltest Du immer im Hinterkopf behalten, dass Du davon mehr als ein Viertel abgeben musst. Echt unschön, aber ich erfülle meine Bürgerpflichten gern. 😉
Kapitalerträge? Zieht man die Inflation ab, hat man Verluste. Das Geld wird vom Staat oder der EZB entwertet und darauf muß noch KAP – Steuer gezahlt werden. Ungerecht.