Herr Habeck denkt über Gas nach. Jetzt die Bremse bei erneuerbaren Energien lösen!

Die aktuelle Diskussion wird seit Wochen nur von der Gasumlage und der Gaspreisbremse beherrscht. Von den Grünen und einem grünen Wirtschaftsminister hätte ich ein gnadenloses Beschleunigen bei den erneuerbaren Energien und das Beseitigen sämtlicher Hemmnisse erwartet. Und das spätestens jetzt in der bedrohlichen Energiekrise. 

Für mich muss das Motto heißen: „Solar auf jedes Dach und an jede Wand“. Doch auch mit dem neuen EEG-Gesetz 2023 sind die Hürden kaum kleiner geworden. Enttäuschend.

Als erfahrener privater Solarbetreiber gibt es für mich folgende Knackpunkte:

Lieferant / Netzbetreiber

Als Solarbetreiber hast Du weiter einen Energielieferanten, bei dem Du jede Kilowattstunde mit aktuell 35 bis 40 Cent einkaufst. Für die Einspeisung musst Du einen Vertrag mit Deinem lokalen Netzbetreiber abschließen und erhältst aktuell 8,6 Cent (abhängig vom Anschlussjahr). Der Vertrag ist sehr unfreundlich und feindlich formuliert, zudem dauert der Abschluss meist lang. Viele Netzbetreiber sind nicht sehr begeistert (Eigentümer sind überwiegend Energieversorger). Weiterhin muss die Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur angelegt werden (etwa 100 teilweise technische Datenfelder).

Umsatzsteuer

Als Betreiber einer Photovoltaik-Anlage bist Du Kleingewerbetreibender. Das heißt, Du musst ein Gewerbe anmelden und benötigst eine Steuernummer. Wenn Du die Vorsteuer für die Anlageninvestition ziehen willst, bist Du anschließend umsatzsteuerpflichtig. D.h. es ist mindestens quartalsweise eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. Die Steuer fällt an auf Deine Einspeisevergütung (also z. B. 9,50 Euro bei 50 Euro Einspeisevergütung) und ist auch für jede Kilowattstunde des Eigenverbrauchs fällig (das Finanzamt unterstellt so um die 30 Cent je Kilowattstunde). 

Also sitzt man mindestens einmal pro Quartal, um 50 oder 60 Euro Umsatzsteuer abzuführen.

Einkommenssteuer

Mit der PV-Anlage hast Du Einnahmen aus einem Gewerbetrieb. D. h., Du erstellst eine Anlage G und die Gewinne aus der Anlage werden auf Dein Einkommen angerechnet. Sehr nerviger Mehraufwand. Einziger Pluspunkt: Du kannst Abschreibung und etwaige Kosten absetzen.

Nunmehr gibt es die Möglichkeit einer Vereinfachungsregel für Anlagen bis 10 kW Peak. Warum ist diese Grenze so niedrig? Man muss einen separaten Antrag stellen, um diese Vereinfachung zu bekommen. Der Witz: Das Finanzamt schickt Dir trotzdem ein Formular für eine Einnahmeüberschussrechnung. Da kannst Du gleich die Steuererklärung erstellen. Was soll das?

 

Fakt ist: Die beiden Aktivitäten „Umsatzsteuer“ und „Anlage G“ bekommen geschätzt 90 Prozent aller Bundesbürger nicht ohne Steuerberater oder ähnliche Unterstützung hin.

70 Prozent-Kappung

Mein persönlich größtes Ärgernis. Wenn Du Deine Anlage für den Eigenverbrauch nutzt, was ja ein Hauptgrund ist, wird die Leistung der PV-Anlage bei 70 Prozent der theoretischen Leistung (kW Peak) gedeckelt. D.h., wenn Deine Solarfelder mittags 8 kW leisten können, wird bei 5,6 kW abgeriegelt und der überschüssige Strom in Wärme umgewandelt. Dies passiert in der Praxis in den Sommermonaten und zur Mittagszeit.

Der Netzbetreiber hat aus Gründen der Netzstabilität zwei Eingriffspunkte: Er darf Deine Anlage ganz von Netz nehmen und es gilt die 70-Prozent-Kappung.

Seit einiger Zeit gibt es eine dynamische 70-Prozent-Regelung. D. h., dass der Eigenverbrauch dann noch rausgerechnet wird und Du kannst parallel die 70 Prozent einspeisen. Als Voraussetzung dafür ist die Investition in einen Energy Meter (400 Euro) nötig, da der Wechselrichter die Daten am Einspeisepunkt kennen muss, um sich gesetzeskonform abzuregeln.

Mit dieser Regelung geht Deutschland also bis 30 Prozent des Solarstroms verloren. Zudem verschlechtert sich die Amortisation, da Du schlimmstenfalls 30 Prozent Deiner PV-Investition nicht nutzen kannst. Im EEG-Gesetz 2023 ist diese Kappung für neue Anlagen gestrichen. Für Bestandsanlagen gibt es bisher nur erste Überlegungen.

Erweiterung / neue Module

Erweiterst Du Deine Anlage beispielweise von 8 auf 10 kW Paek ist dies ein komplett neue Anlage! D. h. das ganze Spiel mit Netzbetreiber, Finanzamt usw. geht nochmal los. Ab diesem Zeitpunkt machst Du zwei separate Umsatzsteuererklärungen etc.

Oder Du beschließt Deine Module zu erneuern. Hast Du z. B. alte 180 Watt – Module und willst diese auf neue 450 Watt – Module umbauen, dann kannst Du das vergessen. Dein Vertrag mit dem Netzbetreiber gilt für 20 Jahre und hat die Maximal-Leistung festgeschrieben. Es dürfen nur nachweisbar defekte Module erneuert werden. Hier sind die gesetzlichen Vorgaben und die der Netzbetreiber extrem eng.

 

Mein Fazit: In Summe ist es Wahnsinn wie bürokratisch und lahm Deutschland trotz der bedrohlichen Energiekrise mit den Potentialen der erneuerbaren Energien umgeht.

Mein Vorschlag an Herrn Habeck: Jeder Privathaushalt und jede Eigentümergemeinschaft darf genehmigungslos PV-Anlagen auf dem Haus oder Grundstück installieren. Einzige Auflage ist die Eintragung im Marktstammdatenregister. Hier können auch die Netzbetreiber die Daten für ihr Netz abrufen. Die Investition wird mit 10 Prozent der Rechnungssumme durch die BAFA gefördert. Die Einspeisevergütung erfolgt durch einen „rückwärtsdrehenden Zähler“ (Einkauf = Verkauf) oder durch eine einheitliche attraktive Vergütung von 30 oder 35 Cent pro Kilowattstunde. Umsatzsteuer, Einkommenssteuer und Netzbetreibervertrag müssen vollständig entfallen.

Das Motto muss jetzt und sofort sein: „Solar auf jedes Dach!“

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